Im Kampf gegen den Widerspruch und im Rausch von Fahrenheit 451 – Lesetagebuch Pt. 17

26.09.23 – 11:02

Gelesen: Fahrenheit 451 von Ray Bradbury – S. 98

Gedacht: Oh, das ist eine tolle Szene zwischen Montag und Faber (hach, so viel Futter für Deutschunterrichtinterpretationen :D). Nach der Kälte der Erzählung bis jetzt verströmt die Szene ein warmes Gefühl. Er fasst so gut in Worte, was Bücher für eine Bedeutung haben – für einen ehemaligen Literaturprofessor auch nicht verwunderlich. Und die Sprache ist hier wirklich schön. Mir gefallen die sehr dichten, sehr poetischen Stellen nicht immer, aber so fließend wie der Rest der Sprache ist, halte ich das mittlerweile für Absicht. Vielleicht soll man ja immer wieder an diesen intensiven Momenten kleben bleiben.

17:46 – S. 101

Wahnsinn, wird das gerade gut. Wunderschön geschrieben und er erklärt (durch Fabers Worte) das Besondere an Büchern so gut. Beides war mir schon als Kind bewusst und hat meine Liebe zu Büchern absolut angetrieben: Der Geruch von alten Buchseiten und, dass man mit ihnen das Tempo der Information bestimmen kann. Dass man sie zuklappen kann, wenn man Zeit zum Verarbeiten braucht. Film oder Audio sind viel schwerer zu kontrollieren. Wo wir wieder an dem Punkt wären, warum in dieser Dystopie Bücher verbrannt werden. Ich bin so gespannt, wie es weiter geht.

18:28 – S. 106

Ich mag Faber jetzt schon. Und die Sprache ist auf den Punkt so perfekt.

Auch ein sehr bemerkenswerter Einfall ist, dass die Leute mit ihren Autos rasen, wenn ihnen das System auf das Gemüt schlägt. Und natürlich ist es bemerkenswert, dass das Buch, mit dem Montag beginnt, die Bibel ist. Das ist natürlich eine starke Aussage, ob religiös oder religionswissenschaftlich-literaturwissenschaftlich betrachtet.

18:42 – S. 112

Was die Regierung den Rekrutierten über den Krieg erzählt, erinnert an das, was man den Soldaten vor dem 1. Weltkrieg in Deutschland erzählt hat – ich musste an „Im Westen nichts Neues“ denken. Und an Russland und Putin.

19:04 – S. 128

Die Begründung, warum Bücher ins Verderben führen würden, ist eigentlich eine Kampfansage an Demokratie und Diskurs, ein Plädoyer für die Diktatur. Die 451-Grad-Feuerwehr (allein diese Bezeichnung!) bekämpft den Austausch, den Diskurs, das Für und Wider, die Uneindeutigkeit und Widersprüchlichkeit der Welt. Das ist es eigentlich: Es werden Widersprüche bekämpft unter dem Deckmantel einer Suche nach der Wahrheit. Dabei treibt einen das Einschmelzen von Widersprüchen immer weiter weg von der „Wahrheit“ (wenn es die in diesem Sinne überhaupt gibt).

19:34 – S. 135

Love it. „Scheinheiliger Gutmensch“ als Beleidigung in einer Übersetzung von 1963.

S. 137

Beatty ist das perfekte Beispiel dafür, dass es eben nicht nur reicht zu lesen. Dass es nicht allein um die Wörter in den Büchern geht, sondern um das Konzept, die Freiheit von Rede, Meinung und Information. Meine Güte, ist dieses Buch gut.

S. 140

Ich hätte nicht gedacht, dass die Geschichte so brutal wird. Aber es ist guuuuut.

19:53 – S. 152

Die ehemaligen Akademiker leben in Landstreicherlagern am Rande verrostender Bahngleise… In seinem bedrückenden Irrsinn hat diese Dystopie auch einen wahnwitzigen Humor.

20:09 – S. 167

Das ist so ein krasser Page-Turner geworden, ich wurde schon lange nicht mehr so von einem Buch gefesselt. Und ich fühle das sehr, wie er die Natur als Kontrast zur entfremdeten Lebenswelt der Menschen beschreibt.

20:33 – S. 184

In diesem Buch ist alles drin. Das geht so weit über eine politik- oder technikkritische Dystopie hinaus. Es beschäftigt sich mit den Essenzen von Mensch und Gesellschaft, mit den großen Dramen und ewigen Fragen. Ohne abgedroschen oder religiös-spirituell zu sein. Ganz nüchtern und klar und trotzdem poetisch. Poetische Philosophie.

S. 189

Oh, und ein pazifistisches Plädoyer enthält es auch.

23:22 – S. 210

Der zweite Teil („Der Feuerwehrmann“) ist auf eine unheimliche Art faszinierend. Bis jetzt wird das ganze Buch noch einmal von vorne zusammengefasst, aber mit kleinen Änderungen und Ergänzungen. Das vermittelt das bedrückende Gefühl einer Zeitschleife, fesselt aber durch die kleinen neuen Details, die ergänzt werden. Und natürlich bin ich unfassbar gespannt, was es damit auf sich hat.

23:45 – S. 228

Entweder ist es wirklich eine Art Zeitschleife oder Montags Version der Geschichte. Zwei Vornamen sind anders und eben diese Details (manchmal auch etwas mehr) die geändert oder ergänzt wurden. Es ist auf jeden Fall eine reflektiertere Version, die die großen Zusammenhänge, das Ende, schon kennt.

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