Mitbestimmen an der Uni: Warum Hochschulpolitik wichtig ist

Die jährliche E-Mail verschwindet unter einem Stapel aus Einladungen zu Studien, Terminänderungen für das Mittwochsseminar und Veranstaltungstipps. Auch an den Wahlständen hastet man auf dem Weg zur Vorlesung vorbei, mit dem diffusen Gedanken: Stimmt, dieses Mal sollte ich wirklich mal wählen… Und am Tag der Wahl hat man dann viel zu viel anderes zu tun oder weiß nichts mit den unbekannten Namen auf den Listen anfangen.

Extrem niedrige Wahlbeteiligung

Hochschulpolitik und -wahlen gehen im Unialltag oft unter. Das zeigt nicht nur die Beobachtung von Einzelfällen, sondern auch die Statistik: Eine Auswertung von Correctiv ergab deutschlandweit eine durchschnittliche Beteiligung von rund 15%, es finden sich aber auch Beispiele für eine Wahlbeteiligung unter 10%. Woran liegt das?

Unipolitik sei eine Zusatzbelastung für Studierende, erzählt Lara Zieß, Vorständin des Studierendenparlaments (StuPa) der Philipps-Universität Marburg. „Das Studium ist sehr aufwendig, viele müssen sich nebenbei auch noch finanzieren. Da fehlt teilweise einfach die Zeit, sich in Ausschüssen zu beteiligen.“ Und die niedrige Beteiligung schlage sich auch im Informationsangebot für die Wahlberechtigten nieder.

Doch auch wenn StuPa und Fachschaftsräte im Unialltag nicht immer sichtbar sind, ist ihre Arbeit wichtig.

Hochschulpolitik gestaltet Unialltag mit

In erster Linie vertreten StuPa, AstA und die Fachschaftenkonferenz bzw. der Studierendenrat (StuRa) oder die Studierendenvertretung (StuVe) (zu all diesen Begriffen weiter unten mehr) alle Student:innen einer Uni. „Was haben wir schon zu melden?“ mag sich die eine oder der andere fragen.

Aber die schöne Versprechung von Demokratie wird in ganz konkrete Ergebnisse übersetzt, wenn es beispielsweise während der Energiekrise um die Öffnungszeiten der Unibibliothek Erfurt und zwischen Energie sparen und den Interessen der Studierenden abgewogen werden muss. Oder bei Verhandlungen mit Verkehrsbetrieben für Semestertickets: Hier ist das weitläufige Ticket der Uni Marburg, das Regional- und Teile des Fernverkehrs in ganz Hessen und darüber hinaus abdeckt, ein Vorzeige-Beispiel. Aber auch im Semesterticket enthaltene Kulturtickets, die beispielsweise den Student:innen in Marburg und Erfurt Zugang zu Theater- und Musikveranstaltungen verschaffen, werden von den Vertreter:innen der Studierenden ausgehandelt.

Das Lieblingsbeispiel für erfolgreiche Hochschulpolitik von Lara Zieß ist die Einführung kostenloser Periodenprodukte an der Uni Marburg. Die gibt es seit 2022 an vier Standorten in der Uni. Entstanden ist das Pilotprojekt durch einen Antrag aus dem StuPa, um das finale Konzept hat sich eine Referentin für Geschlechtergerechtigkeit des AstAs zusammen mit den Gleichstellungsbeauftragten der Uni gekümmert. Zu Beginn finanzierte der AstA das Projekt aus eigenen Mitteln und die AstA-Referentin füllte die Hygieneprodukte selbst nach. „Mittlerweile hat sich das so gut etabliert, dass die Uni sich darum kümmert und das auch finanziert“, resümiert Lara Zieß zufrieden.

Studentisches Engagement ist gefragt

Doch für solche Erfolge braucht es engagierte Student:innen. Hochschulpolitik müsse präsenter werden, so Lara. Die Einführung von Online-Wahlen habe die Wahlbeteiligung leicht heben können, bei den Dozent:innen sogar sehr stark (hier ist sie aber im Allgemeinen meistens höher als bei den Student:innen). Ansonsten bleibe nur Werbung durch Infostände und Plakate, um auf die Wahlen und Hochschulpolitik im Allgemeinen aufmerksam zu machen. „Aber das ist auch wieder ein Zeitfaktor, das muss man auch erst einmal stemmen können.“

Hochschulpolitik zu machen ist also zeitintensiv und benötigt persönliches Engagement. Dafür kann aber auch viel erreicht werden, das den Alltag der Studierenden direkt beeinflusst. Ein erster Schritt, dieses Jahr am Wahlstand kurz stehen zu bleiben, ein paar Infos mitzunehmen und dann den Wahltermin in den Kalender einzutragen.

Wie genau die Hochschulpolitik an der Uni Marburg aufgebaut ist, seht ihr in diesem Video. Das gezeigte Modell ist das häufigste in Deutschland, es gibt aber auch noch andere Formen der Organisation, wie den StuRa und die StuVe. Das Video ist Teil eines Bewerbungsvideos, das sich mit der Organisation der Wahlen auseinander setzt, daher geht es kurz auch auf diesen Aspekt ein.

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